Horrorstory

Letzten Freitag wurde unsere Morgenrunde von Nu auf Jetzt zum Alptraum. Gerade gingen wir noch fröhlich die Straße entlang auf unser Haus zu, Buddy dackelte fröhlich neben mir an der Leine her und gedanklich war ich schon im sonnigen Wochenende. Dann plötzlich kommt der Nachbarshund die Straße entlang geschossen. Man kennt sich. Mir bleibt die Luft weg. Sowieso schon nicht der Umgänglichste, versteht er gerade vor seiner Haustür keinen Spaß was andere Hunde angeht. Und in im Bruchteil einer Sekunde eskaliert die Situation.

Instinktiv stelle ich mich vor Buddy, was ich immer tue wenn ein anderer Hund auf ihn zugestürmt kommt, doch diesmal half es kein Stück weit. Der Nachbarshund macht einen Satz an mir vorbei, landet auf Buddy und packt ihn. Buddy schreit und schreit. Es ging alles so schnell. Sofort schmeiße ich mich auf den Boden, packe den anderen Hund und ziehe ihn von Buddy weg, halte ihn einen Meter weit auf Abstand. Buddy windet sich auf dem Boden und er schreit so grauenvoll. Ich kann ihm nicht helfen, rede nur beruhigend auf ihn ein, Tränen in den Augen, denn ich muss nach wie vor den anderen fixieren bis sein Herrchen endlich eintrifft. Eine gefühlte Ewigkeit später nimmt dieser mir seinen Hund ab und fängt an auf ihn einzuschimpfen. Ich stürme zu Buddy, versuche ihn abzutasten, doch er windet sich, jault und hat blanke Panik in den Augen. Ich wische vorsichtig über die Stelle an den Rippen, sehe kein Blut, doch man kann zusehen wie sich eine riesige Beule bildet. Im Hintergrund höre ich Entschuldigungen und den Rat zum Tierarzt zu gehen. Mir ist schlecht. Ich stehe auf, Buddy läuft neben mir Richtung Haus. Ich muss ihn nicht Tragen, das ist gut. Im Kopf rattern die Gedanken, an was ich unbedingt denken muss. Zuhause rein, Portemonnaie greifen und sofort zur Tierarztpraxis. Die ist nur eine Straße weiter. Buddy steht auf einmal wedelnd neben mir in der Wohnung, fordert seinen Napf als wäre nichts passiert. Das muss der Adrenalinschub sein. Seine Seite schwillt immer noch weiter an. Sofort machen wir uns auf den Weg zur Praxis. Während ich uns anmelde sitzt Buddy neben mir auf dem Boden. Normalerweise versucht er immer zum Ausgang zu ziehen. Damit er sich ins Wartezimmer bewegt muss ich ihn zwei mal ansprechen. Er wirkt apathisch. Er hat einen Schock denke ich. Bald können wir in den Behandlungsraum, Buddy lässt sich anstandslos untersuchen. Ich plappere die Geschehnisse herunter. Die Tierärztin bestätigt meinen Verdacht auf einen leichten Schock. Wurde er geschüttelt fragt sie mich. Ich verneine. Sie tastet die Schwellung ab, Buddy reagiert darauf nur mit einem leichten Hautzucken. Sein Blick ist abwesend. Er muss geröntgt werden, um Rippenfrakturen und Pneumothorax auszuschließen. Ich weise darauf hin, dass er beim Röntgen Angst hat und darf mit in den Raum, während alles vorbereitet wird. Nur für die Aufnahme muss ich kurz raus. Dann ist er schon wieder bei mir im Behandlungsraum, versteckt sich unter meinem Stuhl, während wir auf die Ergebnisse warten. Ich gucke das erste mal an mir runter, sehe wie dreckig ich von der Rangelei bin und dass mein Knie aufgeschlagen ist. Egal. Dann kommt die Assistentin rein um ihn zu wiegen. Ich bekomme ein mulmiges Gefühl. Sagen kann sie mir noch nichts. Da kommt die Tierärztin mit der erlösenden Nachricht, dass kein Bruch zu sehen sei, das Herz an der richtigen Stelle säße und die Organe soweit gut ausschauen würden. Mir fällt ein Stein vom Herzen. Trotzdem hat er eine schwere Rippenprellung die ihm einige Zeit Schmerzen bereiten wird. Er bekommt ein Schmerzmittel gespritzt, wir bekommen welches für Daheim mit und dürfen gehen. Mit der Auflage dass Buddy sich die nächsten Tage schonen müsse. Gerne. Gar kein Problem. Ich bin so erleichtert. Bezahle die Rechnung. Wir gehen heim. Erst einige Zeit später, während Buddy versucht eine nicht ganz so schmerzhafte Liegeposition zu finden brechen die Emotionen über mich herein. Mir kommen die Tränen, ich bin erschrocken, wütend, traurig, erleichtert, besorgt – alles zugleich. Ich bin wütend auf den Besitzer, der seinen Hund nicht im Griff hat seit er als Junghund dort eingezogen ist. Der trotzdem einfach die Tür öffnet ohne ihn vorher anzuleinen. Mir tut der Nachbarshund leid, der angeschrien wurde und einen mit seiner Leine übergezogen bekommen hat, als er schon ruhig neben mir saß und der Vorfall längst geschehen war. Buddy tut mir wahnsinnig leid. Er hatte sich auf mich verlassen. Ich konnte ihn nicht beschützen. Er hatte nicht mal versucht sich zu wehren. Er hatte solche Angst. Gedanken über Gedanken.

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Bis zum Abend und einige Gespräche mit der Familie hat es gedauert bis ich mich einigermaßen gefangen hatte. Trotzdem sitzt der Schock noch tief. Am folgenden Tag konnte ich mich nicht überwinden mit der Tierarztrechnung zum Nachbarn zu gehen, ich wollte ihn nicht sehen, nicht mit ihm reden müssen, auch wenn ich ihn unter normalen Umständen ganz nett finde. Also übernahm der Herzmann die Sache mit der Arztrechnung. Natürlich war 24 Stunden später schon das anfängliche Schuldeingeständnis zu einem “der wollte nur Spielen” geworden. Umso froher war ich, dass ich in diesem Moment nicht dort sein musste. Die Rechnung hat er aber anstandslos übernommen – immerhin. Auch vor der schönrednerischen Aussage “der will doch nur Spielen” war mir schon klar gewesen, dass sich an der Situation dort nichts ändern würde. Für uns bedeutet das im Umkehrschluss, dass wir noch viel vorsichtiger sein müssen wenn wir einfach nur die Straße runter zum Wald gehen. Denn wie die Tierärztin schon sagte, haben wir wahnsinniges Glück gehabt. Und darauf möchte ich es nie, nie wieder ankommen lassen. Zumindest soweit es in meiner Macht steht.

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10 Antworten auf „Horrorstory“

  1. Hey ihr zwei, ich hoffe ihr habt den ersten Schock überwunden und es geht Buddy langsam besser. Wie schon auf Instagram gesagt, kann ich dir gut nachfühlen. Obwohl es schon anderthalb Jahre her ist, dass sich ein AmStaff in Loki verbissen hatte, holen die Erinnerungen daran mich bis heute ein. Ich hatte damals auch große Achuldgefühle, weil ich (im Gegensatz zu den Blinsen von Haltern) vorher geahnt habe, dass der andere Hund kurz vorm Austicken war. Bis heute fällt es mir schwer fremden Hunden zu vertrauen und gerade bei Listenhunden geht das nicht. Ich wünsche dir viel Kraft für die kommende Zeit des Aufarbeitens. Manche Dinge können wir leider nicht verhindern. Aber wir können daraus lernen. Fühlt euch gedrückt !

    Liebe Grüße
    Katarina und Loki

    1. Lieben Dank für deinen Kommentar! Ich weiß genau was du damit meinst, wenn du sagst dass dir nun das Vertrauen in fremde Hunde schwer fällt. Wir haben ja leider schon mehrmals böse Situationen mit anderen Hunden erleben müssen, auch wenn dies jetzt eindeutig die schlimmste war. Also war ich vorher schon wesentlich vorsichtiger mit Hundebegegnungen, leine Buddy oft an und meide Kontakt wenn ich kein gutes Gefühl habe. Wie es nun werden wird weiß ich wirklich nicht. Bisher gehen wir extra Umwege um nicht am Nachbarhaus vorbei zu müssen und ich könnte mir vorstellen, dass wir auch dabei bleiben. Vermutlich werden wir auch im Umgang mit Hundebegegnungen nun noch vorsichtiger sein. Zum Glück legt Buddy darauf sowieso meist keinen Wert.
      Liebste Grüße!!

  2. Hab beim Lesen so mitgefühlt und fast Tränen in den Augen.
    Ich kann deine Gefühle so gut nachvollziehen, auch wenn vielleicht nicht in der Intensität, da Lotte zum Glück auch (nur) mal angegangen wurde im Freilauf, ein paar Meter hinter mir, und schreiend die Flucht ergriff ins Gebüsch.

    Allein da hatte ich schon solch eine Wut und Trauer zugleich im Bauch.

    Macht es gut und sortiert euch!
    Ganz liebe Grüße

    1. Lieben Dank für deine Worte! Ja, diese Erfahrung war sehr intensiv, da ich mittendrin war. Aber ich glaube, immer wenn man mitbekommt, dass der eigene Hund angegangen wird nimmt einen das verständlicherweise emotional sehr mit – ganz gleich wie nah man dran ist. Liebste Grüße!!

  3. Uff, nachdem ich deine Zeilen über diesen schlimmen Vorfall gelesen habe, kann ich noch besser nachvollziehen, was das für ein Schock für dich war. Nichts bereitet einen auf so etwas vor, man reagiert, spult ab und hofft, dass man irgendwie Glück im Unglück hat. Bei mir schießen sofort Bilder in den Kopf eines ähnlichen Vorfalls. Damals gab es meinen Blog noch nicht. Aber ich glaube mir hätte es auch geholfen, wenn ich das Erlebte noch mal aufgeschrieben hätte. Ich wünsche Buddy weiterhin gute Besserung und hoffe für dich, dass dir dieses Horrorerlebnis nicht allzu lange nachläuft.

    Liebe Grüße
    Silvana

    1. Danke dir! Ja, ich habe da gar nicht lange drüber nachgedacht, wie bei manch anderem Artikel, sondern einfach nur geschrieben. Dass das so befreiend sein würde hatte ich vorher gar nicht geahnt, aber es war so. Und du hast völlig recht, das schlimmste ist, dass einen solche Situationen quasi jederzeit treffen können ohne dass man sie vorhersehen, sich darauf einstellen oder sie gar vermeiden könnte. Das finde ich mit am beängstigendsten an dieser Erfahrung. Lieben Gruß!!

  4. Hallo,
    Obwohl dieser Beitrag schon älter ist, möchte ich dennoch einen Kommentar abgeben, denn ich befand mich vor Kurzem auf der anderen Seite der Geschichte.
    Ja, auch wenn es mir nicht leicht fällt, möchte ich doch berichten, dass mein 4 Jahre alter deutscher Pinscher letztens zwei Labradore angegriffen hat.
    UND ICH BIN NICHT STOLZ DARAUF!
    Mein Hund mag keine anderen Rüden und ist charakterlich sehr teretorial. Und an diesem Morgen lief irgendwie alles schief und er entkam mir aus dem Treppenhaus.
    Gott sei Dank mussten die beiden anderen nicht zum Tierarzt, hatten also wenigstens keine körperlichen Schäden davongetragen.
    Dennoch war auch ich mindestens zwei Tage am Ende mit der Welt. Ich habe mich Tage später nochmals entschuldigt und mich erkundigt wie es ihnen geht. Ich habe mit mehreren anderen Hundehaltern darüber gesprochen und ich hätte SELBSTVERSTÄNDLICH auch angefallene Tierarztkosten übernommen. Ich habe mir mehrere Sachen überlegt, damit sowas auf gar keinen Fall mehr vorkommt und doch….
    ich würde es so gerne ungeschehen machen, aber ich kann meinem Pinschi nicht beibringen Rüden zu mögen oder sein Zuhause zu bewachen.

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